Bodenspeicher [2]

[87] Bodenspeicher (Bd. 2, S. 129 ff.), s.a. Aufzüge, Druck- und Saugluftförderer, Elevator, Fallrohre, Greiser, Gurtförderer, Kübel, Massentransport, Rutschen, Schnecken und Silospeicher.

I. Rentabilitätsberechnung [1]

(nach Amme, Giesecke & Konegen A.-G. in Braunschweig) für einen Ausfuhrspeicher von 50000 t Fassung (Schwergetreide), bestehend aus:

1. Siloanlage etwa 35000 t Fassung. 2. Bodenspeicher etwa 15000 t Fassung.


Bodenspeicher [2]


Bodenspeicher [2]

Bodenspeicher [2]

[87] II. Speichererweiterung [2]

(des größten deutschen Speichers von Amme, Giesecke & Konegen A.-G. in Braunschweig).

Schon 1897 hat die Königsberger Lagerhaus-A.-G. einen sehr großen Speicher mit neun Schüttböden und einem Erdgeschoß gebaut [3], der im Jahre 1911 durch den Zubau eines neuen Flügels um fast die Hälfte vergrößert worden ist. Die Gesamtfassung dieses früher rund 40000 t Schwergetreide bergenden Speichers beträgt nunmehr unter Annahme einer Schütthöhe von 1,8 m auf allen Böden 56000 t und bei einer Schütthöhe von 2 m etwa 62000 t, womit dieser Speicher an die Spitze aller deutschen Großspeicher gerückt ist.

Während der Bau vom Jahre 1897 außer der Schüttbodenlagerung noch eine Silolagerung von rund 5000 t aufwies, ist der neue Speicherteil ausschließlich als Schüttbodenspeicher gebaut. Demnach scheint es, als ob die im übrigen Deutschland für Getreide immer mehr aufkommende Lagerungsart in Silos für den Osten unsres Reiches doch nicht geeignet ist.

Die gewaltige Speicheranlage befindet sich in nächster Nähe des Pregelufers. Ihre Entfernung von der Einmündung des Pregels in das Haff beträgt rund 4,5 km. Die Dampfer, die am Speicher Ladung genommen haben, können, ohne durch den übrigen Hafenbetrieb gestört zu werden, rasch das offene Wasser erreichen. Fig. 1 gibt die Baulichkeiten der Anlage im einzelnen wieder. Außer dem 180 m langen und 30 m breiten Speichergebäude selbst gehören hierzu ein Maschinenhaus, ein umfangreiches Kohlenlager, verschiedene Beamtenhäuser, Stallungen, Gärten u.s.w.

Während die ursprüngliche Anlage [3] vier Verladetürme am Pregel hatte, ist diese Zahl jetzt um einen vermehrt worden. Die fünf Türme gestatten, fünf schwimmende Fahrzeuge gleichzeitig zu beladen. Sie sind so angeordnet, daß eine möglichst lange Wasserfront umfaßt wird und die Dampfer mit ihren für die Ostsee üblichen Abmessungen vor dem Speicher festgemacht werden können, ohne sich gegenseitig zu hindern. Infolgedessen gehen die Verladebrücken nicht durchweg, wie sonst üblich, senkrecht von dem Speicher aus, sondern streben zum Teil strahlenförmig nach dem Ufer hin. Die so erzielte Ladestrecke am Wasser hat eine Gesamtausdehnung von 350 m. Fig. 1 zeigt auch im einzelnen, wie der Speicher von den Bahngleisen umgeben wird. Die Gleisstränge unmittelbar am Speicher sind als Stumpfgleise ausgeführt, wobei eine besonders vorsichtige Anordnung geboten schien, um den außerordentlichen und zu gewissen Jahreszeiten noch beträchtlich gesteigerten Verkehr glatt abwickeln zu können.

Auf der Wasserseite des Speichers liegen drei Gleise, von denen die beiden dem Speicher zunächst befindlichen für das Ausladen verwendet werden, während das dritte für Verschiebezwecke dient. Die drei Gleisstücke sind an zwei verschiedenen Stellen durch Weichen miteinander verbunden; jedes Stück ist größer als die Speicherlänge, so daß einzelne Wagen oder ganze Leerzüge ohne Schwierigkeit abgestellt werden können.

Die am Pregelbahnhof ankommenden Züge enthalten die einzelnen Getreidesorten in großer Mannigfaltigkeit, so daß fast stets Wagen um Wagen für sich entladen werden muß; deshalb werden auch verhältnismäßig selten mehrere miteinander gekuppelte Wagen gleichzeitig[88] nach derselben Förderart im Speicherinnern ausgeladen. Hierauf hatte man bei der Gleisanlage und bei der Gesamtanordnung der Maschineneinrichtung im Speicher Rücksicht zu nehmen (s. unten). Aehnlich wie auf dem Ufergelände sind die Gleise auf der Landseite verlegt; statt drei sind dort jedoch nur zwei vorhanden.

Der Erweiterungsbau besteht aus einem rund 50 m langen Speicherflügel, in dessen Mitte ein durch das ganze Gebäude gehender Maschinenraum angeordnet ist. Außerdem gehören zum Neubau zwei Verladetürme (Nr. 4 und 5 in Fig. 1) mit den anschließenden Verladebrücken. Der Turm und die Brücke Nr. 4 haben übrigens schon vorher neben den Türmen Nr. 1 bis 3 bestanden, sind jedoch jetzt als dauerhaftere Eisenbauten neu errichtet. Die Holzbauten besaßen keineswegs ungefällige Außenformen, haben aber schließlich nach 16 jähriger Dauer bei den strengen und ungünstigen Witterungsverhältnissen in Königsberg, namentlich im Winter, viel Erhaltungsarbeiten nötig gemacht.

Die bedeutende Zahl der übereinanderliegenden Schüttböden des Speichers läßt am bellen die Querschnittzeichnung, Fig. 4, erkennen. Während man sich früher mit zwei- oder dreistöckigen Bauwerken begnügte und später, als man zum maschinellen Betrieb überging, die Zahl der Stockwerke bis sechs, sieben oder acht steigerte, hat dieser Bau nicht weniger als zwölf Geschosse, wovon das Erdgeschoß und die darüberliegenden neun Böden zum Aufschütten des Getreides, also zu Lagerzwecken, bestimmt sind und die noch darüberliegenden beiden Stockwerke[89] die verschiedenen Bandförderer enthalten. Der Mittelbau weist sogar noch ein dreizehntes Geschoß auf (vgl. Fig. 2), das zur Bedienung der Elevatorköpfe und Drehröhre nötig ist.

Mit einer in die Höhe gehenden Bauweise lassen sich die Bau- und Betriebskosten von Speichern niedrig halten, weil bei geringer Baugrundfläche große Lagerfassungen erreicht werden und die maschinelle Einrichtung nur mäßige Anschaffungskosten, bezogen auf 1 t eingelagerter Frucht, verursacht.

Die Fig. 24 geben einen Einblick in die maschinellen Einrichtungen des Neubaues. Die Art der Maschinen weicht von der üblichen nicht ab: für die wagerechte Richtung sind Bänder, für die senkrechte Becherwerke verwendet. Die Verteilung nach den einzelnen Schüttböden besorgen Rohre. Die Rohre werden an den Stellen, wo sie durch die Böden gehen, durch besondere Einrichtungen unterbrochen, die dem durchströmenden Getreide vier verschiedene Wege einzuschlagen gestatten. Diese Vierweg-Verteilvorrichtungen findet man in Speichern häufig.

Dagegen ist die Gesamtanordnung der Inneneinrichtung insofern bemerkenswert, als sie den besonderen Verhältnissen des Königsberger Getreideverkehres angepaßt ist. Es sind zwei

Empfangseinrichtungen angeordnet, durch welche das auf den Rampen ankommende Getreide durch Elevatoren a, Fig. 2, gehoben und in sehr geräumige Vorbehälter b ausgeschüttet wird, unter denen die selbsttätigen Wagen c aufgestellt sind. Aus den Wagen läuft das Korn nach zwei Elevatoren d, Fig. 3, die durch das ganze Gebäude von unten nach oben gehen und das gehobene Getreide nach den im elften Obergeschoß aufgestellten Verteilbändern e, Fig. 3 und 4, abwerfen. Letztere liegen, wie Fig. 4 zeigt, so hoch über dem obersten Schüttboden, daß das Getreide mit seinem natürlichen Gefälle bequem auch noch im obersten Boden auf volle Hausbreite ausgeschüttet werden kann. Außer diesen beiden Empfangseinrichtungen sind nicht weniger als vier weitere Einrichtungen vorhanden, um das Getreide umzustechen. Hierin liegt die Besonderheit eines so hoch und besonders als Schüttbodenspeicher gebauten Lagers, daß nämlich Gelegenheit gegeben werden muß, die vielen kleinen Einzelposten gesondert umzulagern und zu verschissen. Es sind demnach insgesamt sechs Einrichtungen im Innern vorhanden, während man sonst in einem Silospeicher von gleicher Fassung bekanntlich mit einer viel geringeren Anzahl auskommt. Die erwähnten Einrichtungen zum Umlagern bestehen aus einem unteren Gurtförderer, dem zugehörigen Elevator und einem oberen Bande.

Unabhängig von dieser Einrichtung befindet sich noch im Dachboden ein Verladeband f, das für die beiden Speicherflügel gemeinschaftlich ist und durch eine besondere Anordnung g, Fig. 2, auch die Möglichkeit gewährt, Korn vom alten Speicherteil zu erhalten und es mit den neuen Förderanlagen außerhalb des Speichers zu verladen und umgekehrt; d.h. es kann dasselbe Band f auch aus dem neuen Speicherflügel Getreide nach dem alten Speicher hinüberschaffen, von dem es beim Turm 1, 2, 3 oder 4 zum Wasser geführt wird. Diesen doppelten Betrieb kann das Verladeband f dadurch erledigen, daß es einen Abwurfwagen von besonderer Form hat, die das Auswerfen des Kornes ermöglicht, von welcher Seite auch der Getreidestrom dem Wagen zuläuft. Außerdem ist das dem alten Speicherflügel zugekehrte Ende des Verladebandes f in den letzten acht Metern seiner Länge so eingerichtet, daß es durch eine Hubvorrichtung mit seinem Abwurfende h sowohl über das Verladeband des alten Speichers k, Fig. 2, gebracht als auch (nach i) darunter gesenkt werden kann, so daß ein freier Abwurf vom alten Speicher zum neuen Flügel möglich ist. Die Einrichtung des Speichers wird noch durch eine Vorreinigeranlage vervollständigt, für die ein Ueberhebeelevator l und ein Aspirateur m von bekannter Bauart aufgestellt sind, Fig. 2. Endlich ist noch eine Sackförderanlage zu erwähnen, die aus dem Sackelevator n und dem Sackförderband o besteht. Der Sackelevator n befindet sich an der dem Haff zugekehrten Gebäudewand und reicht vom Erdgeschoß bis unter die Decke des zweiten Bodens. Er besteht aus zwei um Kettenrollen geführten endlosen Ketten, die durch wagerechte eiserne Querstücke miteinander verbunden sind. Die Säcke gelangen darauf stehend bis zum Kopfe des Elevators, von wo sie auf ein Förderband o abgeworfen werden und zum Turme 5, Abb. 1, gehen. An derselben Aufgabestelle mündet auch ein Gurtförderer p, Fig. 2, der sich auf dem dritten Boden des Speichers befindet und die im mittleren Maschinenraum des Neubaues erfolgenden Absackungen bis zum Verladeband o bringen kann.[90]


Literatur: [1] Buhle, Abschn. VI (Hebe-, Förder- und Lagermittel) in Osthoff-Scheck, Kostenberechnungen für Ingenieurbauten, 7. Aufl., Leipzig 1913. – [2] Ders., Die Erweiterungsbauten des Getreidespeichers in Königsberg, ausgeführt von Amme, Giesecke & Konegen, A.-G. in Braunschweig, Zeitschr. d. Ver. d. Ing. 1913, S. 44 ff. – [3] Ebend. 1904, S. 259 ff. – Seit 1904 sind ferner zu erwähnen: [4] Buhle, Massentransport, Stuttgart 1908 (Deutsche Verlags-Anstalt), S. 249 ff. – Ders., Neuere Förder- und Lageranlagen in Bremen, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1906, S. 21 ff. – Ders., Neue Fördermittel und Lageranlagen für Kalisalz, ebend. 1907, S. 1901 ff. – Ders., Illustr. Techn. Wörterbücher, Bd. 7 (Hebemaschinen und Transportvorrichtungen) Abschn. XIV: »Lagervorrichtungen«. – Ders., Speicherbauten aus alter Zeit mit neuzeitlichen Fördereinrichtungen, Zeitschr. d. Verb, deutsch. Arch.- u. Ing.-Ver. 1912, S. 104 ff. – Ders., Die Erhaltung und Veredlung von Brot- und Saatgetreide in Kornspeichern, Techn. Rundschau 1912, S. 461 ff. – Ders., Neue Getreideheber (Bodenspeicher in Brake), Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1913, S. 362 ff. – Ders., Industriebau 1913, S. 159 ff. – Ders., Hütte, 21. Aufl., II. Teil, S. 564 ff. – Ferner: Eilert, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1910, S. 2081. – Schwanda, ebend. 1912, S. 1940 (Rutschenspeicher). – Zeitschr. f. Binnenschiffahrt 1912, S. 327 ff. (Regensburg); ebend. 1909, S. 222 (Lagerhausgebühren). – Zentralbl. d. Bauverw. 1911, S. 361 ff. (Aktenspeicher). – Welt der Technik 1910, S. 328 (Flaschenspeicher). – Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1910, S. 1692 (Stapelhaus für Träger u.s.w. [s.a. Armierter Beton 1908, S. 275]). – Mühlen- und Speicherbau 1911, S. 241 (landwirtschaftliche Rundspeicher); ebend., S. 229 (afrikanische Getreidespeicher); ebend. 1910, S. 259 ff. (Lüftung und Entstaubung). – Simon, Bühler & Baumann-Zeitg. 1911, S. 226 ff. (Regensburg); ebend. 1912, S. 73 ff. (Fulda); Deutsche Bauztg. 1912, S. 102 ff. (Fruchtschuppen); ebend. 1910, S. 13 ff. (Gründung). – Der Müller 1912, S. 409 ff. (Das staatliche Getreidelagerhaus); ebend., S. 657 ff. (Die Versuchsanstalt f. Getreideverarbeitung); ebend., S. 1013 ff. (Einsturz). – Industriebau 1912, S. 118 ff. (Im Speicherviertel einer alten Handelsstadt); ebend. 1913, S. 78 ff. (Beblo, Das neue städtische Lagerhaus zu Straßburg i. E.) – Franz, Wirtschaft und Technik 1913, S. 33 ff. (Ueber die Schönheit der Nutzbauten). – Feuerschutz: Welt der Technik 1910, S. 141 ff.; ebend. 1908, S. 376; ebend. 1909, S. 275 ff.; Mühlen- und Speicherbau 1909, S. 111 ff., 245 u. 254 ff.; Elektrot. Zeitschr. 1909, S. 470 ff.; Zentralbl. d. Bauverw. 1909, S. 182 ff. – Spielvogel, Bodenspeicher in Riesa (von Gebr. Seck), Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1913, S. 1498 ff., und Krause, Der Osthafen von Berlin, Berlin 1913 (Wasmuth).

M. Buhle.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 87-91.
Lizenz:
Faksimiles:
87 | 88 | 89 | 90 | 91
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika

Lueger-1904: Bodenspeicher [1]

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Der Waldbrunnen / Der Kuß von Sentze

Der Waldbrunnen / Der Kuß von Sentze

Der Waldbrunnen »Ich habe zu zwei verschiedenen Malen ein Menschenbild gesehen, von dem ich jedes Mal glaubte, es sei das schönste, was es auf Erden gibt«, beginnt der Erzähler. Das erste Male war es seine Frau, beim zweiten Mal ein hübsches 17-jähriges Romamädchen auf einer Reise. Dann kommt aber alles ganz anders. Der Kuß von Sentze Rupert empfindet die ihm von seinem Vater als Frau vorgeschlagene Hiltiburg als kalt und hochmütig und verweigert die Eheschließung. Am Vorabend seines darauffolgenden Abschieds in den Krieg küsst ihn in der Dunkelheit eine Unbekannte, die er nicht vergessen kann. Wer ist die Schöne? Wird er sie wiedersehen?

58 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon